Donnerstagabend. Pokal. Lüdersdorf. Gefühlte 100 Meter Luftlinie von der alten innerdeutschen Grenze entfernt. Der Sportplatz: top gepflegt, eingerahmt vom halben Dorf, das kollektiv ausgerückt war, um seine Jungs nach vorne zu schreien. Es roch überall nach Bratwurst, und zwischen Kabinengebäude und Grillplatz stand ein echter Eiswagen – für Kinder und für Erwachsene, die es nie ganz geschafft haben, erwachsen zu werden.
Das Wetter? Typisch Pokal. Fritz-Walter-Mix aus Sonne und Regen, laue Temperaturen, aber ehrlicher Fußballcharme.
13 Mann, ein Ziel – SSC rollt anDer Schweriner SC reiste – wie inzwischen fast schon gute Tradition – mit einer neuen Formation und einem der wohl knappsten Kader der Vereinsgeschichte an: ganze 13 Spieler. Kein Platz für Luxus, nur für Leidenschaft. Aber der SSC wäre nicht der SSC, wenn man sich davon beeindrucken ließe.Nach ein paar Minuten Eingewöhnung fanden wir ins Spiel – und wie! Zwei frühe Chancen, und Andre Werner macht in der 7. Minute das, was ein Stürmer eben tun muss: nachsetzen, nachladen, nachjubeln. 1:0 SSC. Starker Start, verdient.
David fliegt, Lüdersdorf läuftAnschließend hatten wir das Geschehen weitestgehend im Griff. Wir ließen Lüdersdorf laufen – allerdings mehr quer als gefährlich. Nur einmal wurde es brenzlig: David Frenzel, unser Schlussmann, fischt in der 15. Minute einen 100-prozentigen aus dem Winkel. Weltklasseparade. Da klatschte selbst der Mann am Eiswagen anerkennend.Trotzdem wurde Lüdersdorf aktiver. Und wir? Irgendwie unkonzentriert. Zu wenig Kommunikation, zu viele einfache Fehler, zu selten der Blick für den Mitspieler. Kein Glanz, aber ein knapper Vorsprung zur Pause. 1:0 – passt schon.
Ein Fauxpas, aber kein RückschrittDie zweite Halbzeit begann – und Lüdersdorf kam mit Schwung. Der Druck stieg, und wir verpassten es, den Deckel früh draufzumachen. Dann: ein harmloser Schuss aus rund 20 Metern, der kurz vor David aufsetzt. Gedanken schon beim Abstoß, und zack – durchgerutscht. 1:1.Doch statt zu hadern, ging es direkt weiter. Kein Hängenlassen, kein Rumgemecker. Jeder hat sich kurz geschüttelt – im Kopf wie auf dem Platz – und dann: Fußball.
Große Chancen, großer WilleIn der Folgezeit war wieder mehr Kontrolle drin. Zwei riesige Chancen, die man fast als „Tor mit Anlauf“ bezeichnen müsste – leider beide vergeben. Doch dann in der 62. Minute: eine Flanke von links, Guido Pniok steigt hoch, wuchtet den Ball mit dem Kopf ins Netz – 2:1 SSC. Nicht die schönste, aber eine ehrliche Führung. Verdient, erarbeitet, erkämpft.Die letzten Minuten? Nichts für schwache Nerven. Lüdersdorf warf alles rein. Angeblich sogar den Dorfältesten und – so wurde berichtet – den Eisverkäufer, der kurzerhand seine Theke schloss und sich ins Zentrum schob. Ernsthaft gefährlich wurden sie aber nicht mehr.
Und dann kam… die Thilo-SzeneAbpfiff. Jubel. Viertelfinale. Und während die Mannschaft sich feierte, fehlten plötzlich drei: Thilo Schröder, Thilo Pöllich – und André Hamel. Unsere beiden Vielspieler und ihr hungriger Mitstreiter hatten sich auf die Suche nach dem kulinarischen Glück gemacht.Ihr Ziel? Bratwurst. Ihr Problem? Keine mehr da. Was folgte, war ein kurzer, aber intensiver Austausch mit dem Bratwurstverantwortlichen, inklusive dem legendären Satz von Thilo Schröder: „Die hättet ihr ja auch schon mal während des Spiels drauflegen können.“Ein bisschen Knurren von der Lüdersdorfer Seite, ein paar verständnislose Blicke – aber am Ende siegte die Diplomatie. Und die Grillzange. Das Trio bekam seine Bratwurst – und natürlich das wohlverdiente Bier.
Als sie später gemeinsam in die Kabine kamen, gut gesättigt, mit leicht glasigem Blick vom Bratwurstglück, war allen klar: Zwischen Thilo und Thilo besteht etwas, das über klassische Teamchemie hinausgeht. Ein Band, geschmiedet in Schweiß, Pokalfight – und Senf.
Fazit: Nicht hübsch, aber weiter – und das zählt im PokalMit Minimalbesetzung, maximaler Moral und einem klaren Fokus aufs Wesentliche zieht der SSC verdient ins Viertelfinale ein. Klar – spielerisch war Luft nach oben. Aber wer im Pokal weiterkommen will, muss kämpfen, nicht tanzen.Jetzt wartet Dorf Mecklenburg – und die Jungs wissen: mit dieser Mentalität, diesem Teamgeist und vielleicht einer Extraportion Bratwurst ist dieses Jahr alles möglich.